Mit Recyclingbaustoffen nachhaltig bauen: Was du wissen musst
14.10.2022

Recyclingbaustoffe für deinen Hausbau: So baust du nachhaltig

Recyclingbaustoffe werden auf Baustellen immer wichtiger. Zum einen gilt seit 2012 das Kreislaufwirtschaftsgesetz und zum anderen ist die Verwendung von Recyclingbaustoffen ein wichtiger Teil im Kampf gegen die Klima- und Ressourcenkrise. Wir erklären den Unterschied zwischen Recycling und Wiederverwendung und wie du dein Hausbauprojekt fit für das Recycling machst.

Warum werden Recyclingbaustoffe immer wichtiger?

Die meisten Rohstoffe, die für Baustoffe benötigt werden, sind endlich und die Verwendung von Recyclingbaustoffen hilft bei der Lösung der aktuellen Ressourcenkrise. Es gibt jetzt schon Baustoffe, wie z.B. Sand und Stahl, die knapp werden und dadurch auch immer teurer. Die wirtschaftlich abbaubaren Vorkommen von Zink reichen sogar nur noch bis 2030. Recycling kann hier Abhilfe schaffen, denn die Bauindustrie ist der ressourcenintensivste Industriezweig.

Ressourcenverbrauch in der Bauwirtschaft:

Mineralische Rohstoffe - 517 Mio. t
Baustahl - 5,5 Mio. t
Zement - 26,6 Mio. t
Holz - 13,4 Mio. m3
Kunststoffe - 2,6 Mio. t

Quellen: Forum Holzbau, Umweltbundesamt

Ein weiteres Problem bei der Gewinnung von Rohstoffen ist, dass diese oftmals im Tagebau abgebaut werden, was viele Umweltprobleme mit sich bringt. Recycling von schon vorhandenen Ressourcen, vor allem bei mineralischen Rohstoffen, kann die negativen Auswirkungen auf Menschen und Umwelt stark reduzieren. Recyclingbaustoffe haben einen weiteren Vorteil, denn diese brauchen weniger Energie zur Herstellung und haben daher meistens einen besseren ökologischen Fußabdruck als Produkte aus neu gewonnenen Rohstoffen. Das Recycling von Stahl z.B. verbraucht weniger als die Hälfte der Energie, die für die Herstellung von neuem Stahl benötigt wird. Das Sammeln von potentiellen Recyclingmaterialien funktioniert aber nur, wenn eine durchgehende Kreislaufwirtschaft etabliert wird.

Was ist eine Kreislaufwirtschaft?

In Deutschland gilt seit 2012 das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG). Das Endziel ist die Schaffung einer vollwertigen Kreislaufwirtschaft, oft auch Circular Economy genannt, in der (fast) keine Abfälle mehr deponiert werden müssen, sondern so weit möglich durch Wiederverwendung und Recycling im Stoffkreislauf gehalten werden. Seit 2005 dürfen keine unbehandelten Abfälle mehr deponiert werden, weil die deutschen Deponiekapazitäten an ihre Grenzen stoßen. Das wird durch den Kohleausstieg zusätzlich verschärft, da die Entsorgung von mineralischen Bauabfällen überwiegend im Tagebau erfolgt. 2018 sind 218,8 Mio. Tonnen mineralischer Bauabfälle angefallen, von denen nur 73,3 Mio. Tonnen als Recyclingbaustoffe wiederverwendet wurden (Umweltbundesamt). Das zeigt, dass die Potentiale der Kreislaufwirtschaft sehr groß sind.

Daher wurde EU-weit folgende Abfallhierarchie eingeführt:

1. Abfallvermeidung
2. Vorbereitung zur Wiederverwendung
3. Recycling
4. Sonstige Verwertung
5. Beseitigung

Hier siehst du, dass Recycling erst an dritter Stelle steht. Zuerst wird die Vermeidung von Abfall und die Wiederverwendung priorisiert. Erst dann sollte Recycling in Betracht gezogen werden. Der Unterschied zwischen Wiederverwendung und Recycling auf der Baustelle ist der folgende:

Für die Wiederverwendung werden Baustoffe zerstörungsfrei ausgebaut und können ohne weitere aufwändige Bearbeitung erneut eingebaut werden. Ein Beispiel dafür sind Dachziegel, die eine lange Lebensdauer haben und leicht abgedeckt und wiederverwendet werden können.

Beim Recycling werden die Baustoffe durch ein Verwertungsverfahren wieder zu einem Rohstoff. Dieser Rohstoff kann für die Herstellung des ursprünglichen oder eines neuen Produktes verwendet werden.

Zur sonstigen Verwertung, die auf Platz 4 der Abfallhierarchie liegt, gehört die thermische Verwertung und Verfüllungen. Bei der Verbrennung von Abfällen bleiben Rückstände übrig, die in den meisten Fällen deponiert werden. Diese Rückstände gelten als behandelte Abfälle. Allein die Menge der verbrannten Siedlungsabfälle beträgt jährlich 19,6 Mio. Tonnen. Alle verbrannten Abfälle liegen im Bereich von 50 Mio. Tonnen (Umweltbundesamt). Durch eine nicht sortenreine Sortierung werden dabei viele Rohstoffe vernichtet. Es wird zwar Wärme und/oder Energie gewonnen, aber durch die Verbrennung werden CO2 und viele weitere Schadstoffe freigesetzt, die nicht immer ausreichend gefiltert werden.

Ab dem 1. August 2023 wird die Mantelverordnung für die Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung und die Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung in Kraft treten. Diese regelt erstmals bundeseinheitlich und rechtsverbindlich die Anforderungen an mineralische Ersatzbaustoffe (Recyclingbaustoffe).

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Was muss bei der Verwendung von Recyclingbaustoffen beachtet werden?

Hier muss differenziert werden zwischen der Verwendung von Recyclingbaustoffen und Recycling von Baustoffen.

Recyclingbaustoffe sind Baustoffe, die aus recyceltem Material bestehen. Da in der Bauindustrie mengenmäßig am meisten mineralische Baustoffe recycelt werden, wird der Begriff Recyclingbaustoff häufig nur für diese Produkte verwendet. Hierbei ist es besonders wichtig darauf zu achten, dass die Baustoffe schadstofffrei sind. Gerade beim Recycling von belasteten Baustoffen können Schadstoffe im Stoffkreislauf verschleppt werden. Zurzeit werden auf kleinen Hausbaustellen noch wenige Recyclingbaustoffe verwendet. Dazu gehören u.a. Beton, PVC-Fenster, Pflastersteine, Material für Auffüllungen und ggf. Baustahl. In Zukunft werden die Auswahl der Produkte und Mengen an Recyclingbaustoffen auf Baustellen von Einfamilienhäusern steigen.

Das Recycling von Baustoffen geschieht nach dem Ausbau. Dabei ist das Wichtigste, dass die Baustoffe sortenrein getrennt werden, damit diese erfolgreich recycelt werden können und ggf. wieder zu Recyclingbaustoffen werden. In diesem Fall haben Verbundwerkstoffe, die geklebt werden, gravierende Nachteile. Soweit es geht, sollte daher auf Verkleben und Vermörteln verzichtet werden. Besser sollten Baustoffe mit Hilfe von Schrauben und Nägeln oder als Stecksysteme verarbeitet werden.

Da unser Gebäudebestand das größte Rohstofflager der Welt ist, werden wir in Zukunft unseren Altbestand auch für die Ressourcengewinnung nutzen müssen. Das nennt man Urban Mining, welches umso besser funktioniert, umso mehr zerstörungsfrei auszubauende und recyclingfähige Baustoffe verwendet werden.

Jeder Bauende sollte sich daher schon in der Planungsphase Gedanken über die Entsorgung im Falle von Verschnitt, späteren Renovierungen und Abriss machen, um unerwünschte Mehrkosten zu vermeiden und das Haus enkeltauglich zu machen. Die Entsorgungsgebühren werden für nicht-recyclingfähige Baustoffe in Zukunft noch mehr ansteigen. Ein Beispiel dafür ist Dämmung aus Styropor. Diese Dämmung ist mit Brandschutzmitteln behandelt und darf daher nicht wie andere Styroporprodukte in den Gelben Sack, sondern muss separat in Säcken, die 9-35 € pro Stück kosten, entsorgt werden.

Die Kosten für Recyclingbaustoffe oder wiederverwendbare Baustoffe können sehr unterschiedlich ausfallen und hängen von der Verfügbarkeit in der näheren Umgebung ab. Hier ist es wichtig, sich lokal zu informieren. Das gilt zum einen für mineralische Baustoffe und Beton. Aber auch für einzelne Bauteile, wie z.B. Fenster. In sogenannten Bauteil- oder Baustoffbörsen werden ausgebaute, übriggebliebene oder falsch bestellte Bauteile zu sehr günstigen Preisen weiterverkauft. Das kann durch Privatpersonen erfolgen, aber auch Firmen beteiligen sich an diesen Börsen, um Überschüsse aus ihren Produktionen zu verkaufen.

Welche Baustoffe können jetzt schon gut recycelt werden?

Für einige Baustoffe gibt es jetzt schon eine Recyclingpflicht. Ein Beispiel dafür sind PV-Module, die jetzt schon zu 80% recycelt werden müssen. Die PV-Module können über die Händler und Installateure zurückgegeben werden, die diese dann dem Recycling zuführen.

Es gibt auch einige Baustoffe, die seit Jahren schon recycelt werden. Aber für den Großteil der Produkte müssen in Zukunft Sammel- und Verwertungsverfahren entwickelt und ausgebaut werden, um das nachhaltige und ökologische Bauen sicherzustellen.

Zurzeit haben die ökologischen Baustoffe einen Vorsprung. Diese entsprechen von Grund auf schon der Kreislaufwirtschaft, denn sie können in den meisten Fällen der Natur zurückgeführt werden. Zwei wichtige Baustoffe sind da Holz und Lehm. Holz kann unbehandelt wiederverwendet werden oder in der Natur verrotten. Lehm ist theoretisch endlos wiederverwendbar.

Hier sind einige Beispiele für Baustoffe, die jetzt schon gut wiederverwendet und/oder recycelt werden können:

-          Beton
-          Porenbeton
-          Glas
-          Hanf (unbehandelt)
-          Holzprodukte (unbehandelt)
-          Kalksandsteine
-          Kalkzementputz (abhängig von Zusatzstoffen)
-          Sortenreiner Kork
-          Lehm, Ton
-          Steinwolle
-          Stroh (unbehandelt)
-          Zellulosefasern (abhängig vom Flammschutzmittel)
-          Ziegel
-          Falls zerstörungsfrei ausbaubar: Klinker, Fliesen, Naturstein, Schiefer
-          Baustoffe aus reinem Polypropylen (PP) und Polyethylen (PE) (z.B. Rohre)
-          Stahl
-          Weitere Metalle wie Kupfer und Zink

Achtung! Das Thema „Recycling“ ist auch sehr anfällig für Greenwashing. Viele Firmen bewerben ihre Produkte mit Recyclingfähigkeit. Dieses Recycling wird aber oft nur produktionsintern ausgeführt und betrifft nicht die Produkte, die beim Endkunden eingebaut werden. Am besten fragst du nach, ob die Baustoffe nach Ausbau von den Firmen wieder zurückgenommen werden. Wenn die Antwort nein lautet und die Empfehlung ist, dass die Baustoffe über den Restmüll/Baustellenabfall entsorgt werden können, dann werden diese Baustoffe nicht recycelt, sondern landen in der thermischen Verwertung.

Die Zertifizierung „Cradle2Cradle“ bescheinigt dem Produkt, dass es theoretisch kreislauffähig ist, aber solange die Produkte im Restmüll oder im Baustellenabfall landen, wird das leider noch nicht umgesetzt.

Über den Autor
Dipl. Ing. Ester Karl
Bauingenieurin & Autorin
Als Bauingenieurin & Bauphilosophin setzt sich Ester für die Themen Nachhaltigkeit & wohngesundes Bauen ein.

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